Bestnoten für die Schuldnerberatung

Christophorus-Gesellschaft präsentiert Ergebnisse einer Würzburger Bachelorarbeit

Tanja Mühling, Sozialwissenschaftlerin von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg, bespricht mit Stephan Hohnerlein die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit. Bild: Günther Purlein

Würzburg. Wie gut kommt die Schuldnerberatung der Würzburger Christophorus-Gesellschaft bei ihren Klienten an? Dieser Frage widmete sich Stephan Hohnerlein von der Würzburger Hochschule für angewandte Wissenschaften in seiner Bachelorarbeit. Das Ergebnis, das die Christophorus-Gesellschaft anlässlich der „Aktionswoche Schuldnerberatung – Starke Beratung braucht der Mensch“ präsentiert, kann sich sehen lassen: Der größte Teil der Klienten gibt den Würzburger Schuldnerberatern Bestnoten.

Menschen, die auf einem Schuldenberg sitzen, sind in vielen Fällen mehrfach belastet. Zu ihren finanziellen Schwierigkeiten gesellen sich häufig familiäre Probleme oder Krisen in der Ehe. Ein großer Teil der Ratsuchenden hat psychische Probleme oder ist körperlich krank. „Schuldnerberatung muss aus diesem Grund ganzheitlich sein“, sagt Hohnerlein. Eben dies ist bei der Schuldnerberatung der Christophorus-Gesellschaft der Fall. „Ich kann meinem Berater auch andere persönliche Probleme anvertrauen“, äußerten zahlreiche Klienten, die der 24-Jährige für seine Arbeit befragt hat. Das empfinden die Ratsuchenden als äußerst entlastend.

Schuldnerberater müssen nicht nur fachlich kompetent sein. Dies ist zwar die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Überschuldete irgendwann wieder ein schuldenfreies Leben führen können. Laut Nadia Fiedler, Leiterin der Schuldnerberatung der Christophorus-Gesellschaft, sind jedoch für die tägliche Beratungsarbeit Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen genauso essenziell.

Schuldnerberater werden Fiedler zufolge mit persönlichen Problemen konfrontiert, die sich oft über viele Jahre hinweg aufgestaut haben. Die Sozialrechtlerin berät derzeit zum Beispiel eine 38-jährige Klientin, die ihr ganzes Leben als gescheitert ansieht. Nicht nur, dass es ihr irgendwann nicht mehr gelungen ist, finanziell klarzukommen. Auch ihre Ehe zerbrach. Am Ende wurde ihr sogar das Kind weggenommen. Die Frau versank in tiefe Depressionen. Nadia Fiedler hilft ihr augenblicklich nicht nur dabei, die Schulden zu regulieren. Sie steht der Frau auch zur Seite, was ihre problembelastete private Situation anbelangt.

Schwierig ist nach Ansicht der Sozialrechtsexpertin, dass der Zugang zur Schuldnerberatung von vielen Menschen als zu hoch empfunden wird. Scham über den Berg an unbezahlten Rechnungen und die gesamte finanzielle Misere verhindern, dass Betroffene frühzeitig um Hilfe nachsuchen. „Auffällig ist außerdem, dass ein Drittel derjenigen, die es geschafft haben, einen ersten Beratungstermin auszumachen, nicht erscheint“, sagt sie.

Fiedler bereitet deshalb einen neuen Erstzugang via Internet vor. Im Laufe des kommenden Jahres soll es möglich werden, online mit einem Schuldnerberater Kontakt aufzunehmen. Um das Online-Angebot zu installieren und um überhaupt für eine noch stärkere Beratung im Sinne des Mottos der „Aktionswoche Schuldnerberatung“ zu sorgen, bräuchte es allerdings mehr staatliche Mittel. Was Günther Purlein, Geschäftsführer der Christophorus-Gesellschaft, unterstreicht: „Die Fallpauschalen für die Insolvenzberatung wurden seit 15 Jahren nicht mehr erhöht.“

Auch Hohnerlein kam in seiner Bachelorarbeit zu dem Ergebnis, dass Überschuldete die Möglichkeit der kostenlosen Beratung zu spät nutzen. „Vier Fünftel der Befragten geben zu, dass sie erst spät zur Beratung gekommen sind“, sagt er. Die Gründe seien vielfältig, wobei der Faktor „Scham“ dominiert. 70 Prozent gaben an, dass sie lange gebraucht haben, um ihre Scham zu überwinden. Viele Betroffene wissen aber auch gar nicht, was eine Schuldnerberatung alles bietet. Dass sie vom sechsköpfigen Beratungsteam der Christophorus-Gesellschaft ebenso psychosozial unterstützt werden, erleben die meisten Klienten als eine unerwartete positive Überraschung. Und die beiden Verwaltungsdamen halten allen den Rücken frei und erledigen die Bürokratie.

Die von Hohnerlein im letzten Wintersemester angefertigte Bachelorarbeit liefert laut der Würzburger Sozialwissenschaftlerin Tanja Mühling wichtige Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Schuldnerberatung. Besonders verblüffend war für die Professorin an der Hochschule für angewandte Wissenschaften, dass Hohnerlein hohe gesundheitliche Effekte nachweisen konnte. Durch die ganzheitliche Beratung ging es vielen Betroffenen nicht nur seelisch sondern auch körperlich besser. Mühling: „Zum Beispiel verschwanden Schlafstörungen und Kopfschmerzen.“  

Günther Purlein

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