Damit der Neustart gelingt

Würzburger „Eisbären“ unterstützen ehemals Wohnungslose und Strafentlassene

Im Clearing-Zimmer der Kurzzeitübernachtung erkundigen sich (von links) Wolfgang Bier und Roland Stengl vom Würzburger Verein „Eisbären“ bei Michael Thiergärtner und Werner Schühler, wohin die Spendengelder der „Eisbären“ fließen. Bild: Florian Schaller

Hilfe bis wirklich ganz zum Schluss zu erhalten, ist von großer Bedeutung: Das zeigt das Beispiel von Kai S. Der 25-Jährige lebte lange auf der Straße. Bei der Christophorus-Gesellschaft gelang es ihm, sich zu stabilisieren. Im Herbst konnte Kai S. in eine eigene Wohnung ziehen. „Das war aber nur möglich, weil wir ihm halfen, die Erstausstattung zu finanzieren“, berichtet Sozialarbeiter Michael Thiergärtner. Dass die Christophorus-Gesellschaft hierfür Geld hat, ist Spendern wie dem Verein „Eisbären“ zu verdanken.

Der Name „Eisbären“ lässt an einen Club denken, der sich dem Eissport verschrieben hat. Doch dem ist nicht so, erklärt Vorstandsmitglied Roland Stengl: Seit 15 Jahren helfen die „Eisbären“ in und um Würzburg Menschen in Not. Die Christophorus-Gesellschaft erhält seit zehn Jahren Zuwendungen. Stengl: „Bisher waren das 15.000 Euro.“ Erst kürzlich hatten die „Eisbären“ 4.500 Euro überwiesen. Der größte Teil fließt in die Unterstützung ehemals Wohnungsloser und Strafentlassener, die, teilweise nach jahrelanger Therapie, endlich in eigene vier Wände ziehen können.

Natürlich kann man eine Wohnung überwiegend mit gebrauchten Möbeln ausstatten. Doch selbst das kostet Geld. „Wer auf Mindestlohnbasis arbeitet, hat nicht die Mittel, um eine Kaution zu zahlen, die erste Miete zu überweisen und sich das Nötigste anzuschaffen“, sagt Thiergärtner. Kai S. war in genau dieser Situation. Er arbeitet in einem Handwerksbetrieb als Helfer. Sein Monatslohn beträgt 1.100 Euro. Das ist zu viel, um Hilfe zur Erstausstattung vom Jobcenter zu bekommen. Gleichzeitig ist es zu wenig, um sich all das zu besorgen, was fürs Wohnen nötig ist. Thiergärtner: „ Kai S. besaß ja nichts, denn er hatte nie einen eigenen Hausstand.“

Allein die Wohnungssuche ist für arme Menschen schwierig. Auch Kai S. suchte lange, bis er eine günstige Bleibe fand. Dass in Würzburg Wohnungsnot herrscht, ist bekannt. Viele Menschen sind davon betroffen. Vor welchen Schwierigkeiten arme Menschen stehen, wenn sie einen Umzug finanzieren müssen, ist weniger im Bewusstsein. Doch Auszüge aus stationären Einrichtungen oder dem Betreuten Wohnen können allein an mangelnden Geldmitteln scheitern. Aus diesem Grund schuf die Christophorus-Gesellschaft einen Fonds, aus dem Klienten Unterstützung beim Einzug in eine Wohnung erhalten.

Dies geschieht schnell und unbürokratisch, erläutert Werner Schühler, der sich in der Christophorus-Gesellschaft um Männer kümmert, die aus dem Gefängnis entlassen wurden. Kai S. kam in die Zentrale Beratungsstelle, erklärte, dass er soeben eine Wohnung angeboten bekam, und wusste nach zehn Minuten: Er wird ausreichend Hilfe erhalten, um Miete, Kaution und Erstausstattung bezahlen zu können. „Wir bemühen uns immer, rasch zu handeln“, unterstreicht Schühler: „Würden wir das nicht tun, wäre die Wohnung weg.“

Die „Eisbären“ spendeten nicht nur für den Erstausstattungsfonds. Sie spendierten außerdem 100 Drogerie-Gutscheine à 20 Euro. Auch für diese Spende ist das Team der Christophorus-Gesellschaft dankbar. Denn Pflegeprodukte und Waschmittel sind für viele Klienten der Zentralen Beratungsstelle, der Kurzzeitübernachtung, des Johann-Weber-Hauses oder der Wärmestube vor allem in der zweiten Monatshälfte, wenn das Sozialgeld aufgebraucht ist, unerschwinglich. Die Gutschein-Spende ermöglicht auch hier unbürokratische Hilfe.

Ein eigenes Zuhause zu haben, sind die „Eisbären“ überzeugt, ist ein existenzielles Bedürfnis - das sich jedoch auch im reichen Deutschland nicht alle Menschen erfüllen können. „Das wird zu wenig gesehen“, sagt Vereinsvorsitzender Pfarrer Wolfgang Bier. So wichtig es sei, Flüchtlinge zu unterstützen, dürfe doch nicht übersehen werden, dass auch andere Menschen hierzulande Hilfe benötigen. Und zwar gerade dann, wenn sie an jenem Punkt angelangt sind, an dem sie, nach jahrelanger Not, endlich einen Neustart wagen.

Günther Purlein

Kontakt zu den „Eisbären“ gibt es unter www.eisbaeren-helfen-ev.de/ oder www.facebook.com/eisbaeren.helfen/.

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