„Das schaut jetzt echt hübsch aus!“

Obdachlose finden in der Würzburger Kurzzeitübernachtung nun neue Betten vor

Dank einer Bettenspende durch die Caritas finden Obdachlose in der Kurzzeitübernachtung nun viel mehr Schlafkomfort vor. Bild: Christophorus-Gesellschaft

Im Vorfeld gab es viel zu organisieren: Wie könnte die Spende abgeholt werden? Wer könnte beim Transport mithelfen? Mit der Firma „Auge“ fand sich schließlich ein preislich kulantes Transportunternehmen. Auch Helfer gab es genug. Vor wenigen Wochen konnten dann 22 besterhaltene Vollholzbetten für die Kurzzeitübernachtung (KZÜ) der Christophorus-Gesellschaft aus dem Kinder- und Jugenddorf St. Anton der Caritas in der Rhön abgeholt werden. Sie ersetzen die alten Metallbetten der KZÜ.

Mancher Obdachlose, der in die KZÜ zum Übernachten kommt, mag wehmütig an jene Tage denken, an denen er Nacht für Nacht in sein eigenes, warmes und weiches Bett kriechen konnte. Es ist hart, nicht zu wissen, wo man am Abend schlafen kann. In der KZÜ der Christophorus-Gesellschaft werden bis zu 22 Männer ohne festen Wohnsitz pro Nacht aufgenommen. Die neuen Betten, die nun aufgebaut sind, sorgen für mehr Bequemlichkeit. Das wissen die Männer auch zu schätzen, sagt KZÜ-Leiter Michael Thiergärtner: „Vor kurzem hat erst wieder jemand gesagt, dass unsere fünf Schlafräume nun wirklich hübsch ausschauen.“

Der Aufbau der Betten ging nicht ganz so zügig voran, weil das Team der Christophorus-Gesellschaft gerade viel zu tun hat. Zwar sank aufgrund der Corona-Krise die Zahl der Übernachtungsgäste. „Doch die Männer, die jetzt zu uns kommen, brauchen viel mehr Beratung als unsere Stammgäste früher“, sagt Thiergärtner. Die Stammgäste selbst sind rar geworden. Das macht dem Sozialpädagogen Sorgen. Dass es den Männern gelungen wäre, der Obdachlosigkeit zu entkommen, kann er sich kaum vorstellen. Sie werden immer noch kein eigenes Zuhause haben, aber irgendwo untergekrochen sein. Nun leben sie abgeschnitten vom Hilfe- und Beratungssystem.

Jens G. (Name geändert) gehört zu jenen Gästen, die jüngst ganz neu in die Kurzzeitübernachtung kamen. Zuvor war er zwei Nächte in einem billigen Hotel in Würzburg abgestiegen. „Doch dann ging ihm das Geld aus“, so Michael Thiergärtner. Nach Hause konnte der 35-Jährige, der noch bei seinen Eltern lebte, nicht mehr. Es gab massivste Konflikte. Offenbar waren die Eltern nicht bereit, die queere Veranlagung des jungen Mannes zu akzeptieren. Nie mehr, schwor sich Jens G., würde er bei seinen Eltern einziehen. Allerdings wusste er auch nicht, wo er sonst hinsollte. Michael Thiergärtner schaffte es, dass er in seiner Heimatgemeinde eine Notunterkunft erhielt.

In den vergangenen knapp zweieinhalb Jahren machte die Corona-Krise dem Team der KZÜ sehr zu schaffen. Nun sind Michael Thiergärtner und seine Kollegen zusätzlich mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs konfrontiert. Wer immer im Augenblick mit nicht allzu üppigem Einkommen mehrere hungrige Mäuler zu stopfen hat, stöhnt: Alles wird immer teurer! Unter der Preisexplosion leiden aber auch jene Männer, die einst obdachlos waren und sich nun im Betreuten Wohnen der Christophorus-Gesellschaft stabilisieren. Ein großer Teil von ihnen bezieht Hartz IV. Damit über die Runden zu kommen, erfährt Michael Thiergärtner, ist dieser Tage schwieriger denn je.

Selbst jene Männer, die gut wirtschaften können, kommen nun in die Bredouille, sagt der Sozialpädagoge. Erst vor wenigen Tagen berichtete ihm ein Klient aus dem Betreuten Wohnen seine Misere. Bisher habe er um die 30 Euro pro Woche für den Einkauf benötigt. Jetzt seien es manchmal bis zu 45. Das sprengt das Hartz IV-Budget. Wobei das Ende der Fahnenstange in Sachen Inflation wohl noch nicht erreicht ist. Das macht Angst, so Thiergärtner: „Die Männer fragen sich, wie es weitergehen soll.“ Allzu viel kann das Team nicht tun. In den Gesprächen mit seinem Klienten versuchte Michael Thiergärtner, Ängste zu nehmen: „Und wir geben Tipps, wie man noch günstiger einkaufen kann.

So ganz war die Unruhe nicht von dem Mann gewichen. Dennoch war er dankbar für den Zuspruch. Mit seinen finanziellen Problemen steht der Klient im Übrigen nicht alleine da. In der KZÜ selbst macht man sich gerade Sorgen wegen der Finanzierung. Im Januar und Februar wurde die Einrichtung nur von jeweils 160 Männern besucht. Dadurch war sie bei Weitem nicht ausgelastet. Entsprechend mager fiel die Refinanzierung aus. Das ist schwierig, da die komplette Infrastruktur auch bei weniger Übernachtungsgästen aufrechterhalten werden muss, so Thiergärtner: „Wir können ja keinen halben Nachtdienst einstellen.“

Das Team hofft, dass die Finanzierung in Zukunft modifiziert wird. Wichtig wäre es, anzuerkennen, dass zunehmend beratungsintensive Gäste in die KZÜ kommen. Außerdem, so Thiergärtner, steigt der Anteil der Klienten mit gravierenden psychischen Problemen.

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