Die Schulden endlich im Griff

Höhere Fördermittel durch den Freistaat - mehr Planungssicherheit für die Beratung

Nadia Fiedler informiert einen Klienten über das P-Konto. Foto: Günther Purlein

Michael A. hatte schon immer davon geträumt, einmal sein eigener Chef zu sein. Vor 20 Jahren erfüllte sich der Betriebswirt seinen Wunsch mit drei Geschäftspartnern. „Wir hatten einen Businessplan gemacht und Kundenprognosen erstellt, dennoch lief die Sache nicht gut“, sagt der 54-Jährige. Der unternehmerische Misserfolg führte zu steigenden privaten Schulden. Im Sommer 2017 wandte sich Michael A. an die Schuldnerberatung der Christophorus-Gesellschaft, um seine Finanzen endlich in Ordnung zu bringen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Würzburger schon nichts mehr mit der Firma zu tun. Er war mittlerweile freiberuflich als Dozent tätig. Seinen Job machte er richtig gut, seine Auftraggeber gaben ihm viel positives Feedback. Doch die Ausgangslage war ungünstig: „Ich startete ja mit Schulden in die Freiberuflichkeit.“ Manchmal hatte A. recht hohe Einnahmen. Dann kam er mit dem Geld klar. Manchmal verdiente er wenig. Dann bereitete es Michael A. sogar Schwierigkeiten, notwendige Materialien zu kaufen oder Fahrtkosten vorzustrecken. Hinzu kam, dass er als Freiberufler sehr viel arbeiten musste: „Das brachte mich irgendwann an meine psychische Grenzen.“

Nicht zuletzt das permanente Jonglieren mit dem Minus habe ihm alle Kräfte geraubt, erzählt Michael A. seiner Schuldnerberaterin Nadia Fiedler. Deshalb wandte sich der Kaufmann auch an die Christophorus-Gesellschaft. Als Betriebswirt kannte er sich gut aus, welche Möglichkeiten es gibt, Schulden abzutragen: „Ich wusste von der Verbraucherinsolvenz.“ Doch ihm war auch klar, dass es ein solides Konzept braucht, um sich von Schulden zu befreien und dauerhaft schuldenfrei zu bleiben: „Nur Spezialisten können ein solches Konzept erstellen.“ Diese Spezialisten fand Michael A. bei der Christophorus-Gesellschaft.

Michael A. ist einer von 600 Verschuldeten aus Stadt und Landkreis Würzburg, die sich jedes Jahr neu an die Christophorus-Gesellschaft wenden. Ein Teil nimmt die „reine“ Schuldnerberatung in Anspruch, ein Teil begibt sich irgendwann mit Hilfe der Berater in die Verbraucherinsolvenz, die es heuer seit genau 20 Jahren gibt. Beide Instrumente stehen im engen Zusammenhang, erklärt Nadia Fiedler: „Dennoch wurden sie bisher von den Fördergeldgebern getrennt gesehen.“ Die Kommunen zahlten die Kosten für die Schuldnerberatung. Der Staat gab Zuschüsse, je nachdem, wie viele Insolvenz-Fälle eine Einrichtung hatte: „Doch diese Fallpauschalen hatten die Kosten nie abgedeckt.“

Seit diesem Jahr erhalten Beratungsstellen einen festen Betrag für Insolvenzberatung, der sich nach der Einwohnerzahl des Einzugsgebiets richtet. Dadurch stehen der Christophorus-Gesellschaft endlich mehr Mittel zu Verfügung. Das bedeutet, dass wir Klienten wie Michael A.  intensiv beraten können.

Ein Jahr lang arbeiteten die Schuldnerberater der Christophorus-Gesellschaft mit Michael A. auf, was zu seinen privaten Schulden von 35.000 Euro bei acht Gläubigern geführt hatte. Auch wurde besprochen, wie der Betriebswirt den Schuldenberg am besten abschmelzen könnte. Im Sommer 2018 entschied Michael A., in Privatinsolvenz zu gehen. Das bedeutet, dass er sich fünf Jahre lang an bestimmte Spielregeln halten muss, bevor er ein neues, schuldenfreies Leben beginnen kann.

Michael A. hat in dieser Zeit einen Insolvenzverwalter „im Nacken“ sitzen. Dem muss er Veränderungen in seiner Lebens- und vor allem in seiner Einnahmesituation mitteilen. Nach seiner Freiberuflichkeit fasste Michael A. zum Beispiel wieder in einem Angestelltenverhältnis Fuß: „Leider war das befristet und der Vertrag wurde nicht verlängert.“ Im Moment hat er keinen festen Job. Wovon er den Insolvenzverwalter umgehend in Kenntnis setzen musste.

Michael A. will auf jeden Fall wieder arbeiten. Was er von seinem nächsten Nettolohn behalten darf und was abgezogen wird, ist genau festgelegt. Große finanzielle Sprünge wird der 54-Jährige in den kommenden Jahren nicht machen können. Aber damit kommt er klar: „Ich bin einfach nur erleichtert, dass meine finanziellen Angelegenheiten endlich geordnet sind.“

Von der Beratung bei der Christophorus-Gesellschaft ist Michael A. sehr angetan. Zu keinem Zeitpunkt kam er sich in der Rolle des „Versagers“ vor. „Wir sehen es auch nicht als Scheitern an, dass es mit der Selbstständigkeit nicht geklappt hat“, sagt Fiedler. Michael A. hatte alles getan, was notwendig ist, um ein Unternehmen zu gründen. Dass sich der Markt schließlich anders entwickelte hatte, als vorhergesagt, kann ihm laut Fiedler nicht als „Schuld“ angerechnet werden.

Günther Purlein

Wer Kontakt zur Schuldnerberatung aufnehmen will, kann das montags, mittwochs und freitags von 9 bis 11 Uhr tun: 0931-322-413. An jedem Donnerstag wird von 14 bis 16 Uhr eine offene Sprechstunde angeboten. Regelmäßig organisiert die Christophorus-Gesellschaft Informationsveranstaltungen zum Thema „Insolvenz“. Die nächste ist am 17. April (14-16 Uhr) in der Neubaustr. 40.

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