Hilfe fern der Heimat finden

Das Würzburger EHAP-Team unterstützte bisher 500 Menschen in extremer Armut

Treffen EHAP-Mitarbeiter auf das Lager eines Wohnungslosen, hinterlassen Info-Flyer. Foto: Günther Purlein

In ihrem Heimatland Tschechien haben Marta und Kamil (Name geändert) keine Wohnung. Auch suchten sie lange vergeblich nach Arbeit. Irgendwann beschlossen sie, nach Deutschland zu gehen, wo die 20-jährige Marta einst eine Schule besucht hatte. „Inzwischen lebt das Paar in Würzburg und hat ein zwei Monate altes Kind“, berichtet Henrike Helmsen vom EHAP-Team der Christophorus-Gesellschaft. Beide hoffen, in Würzburg Arbeit zu finden. Was allerdings schwierig ist.

Weil Marta und Kamil aus Tschechien kommen, haben sie derzeit in Deutschland keinen Anspruch auf soziale Unterstützung. Das geht auch Menschen aus Ungarn, der Slowakei oder Rumänen so. Sie können keine Sozialleistungen beantragen. Die jeweilige Stadt muss Osteuropäer lediglich unterbringen. So erhielten auch Marta und Kamil von der Stadt Würzburg eine Verfügungswohnung. Dass sie als Unionsbürger zumindest diesen Rechtsanspruch haben, hatten die zwei allerdings nicht gewusst. Das erfuhren sie vom EHAP-Team. Helmsen: „Wir halfen den beiden auch, den fünfseitigen Antrag auszufüllen.“

Hinter den vier Buchstaben „EHAP“ verbirgt sich der „Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen“. Ein fünfköpfiges Team um Projektleiter Michael Thiergärtner unterstützt Menschen wie Marta und Kamil, die noch keinen Zugang zum örtlichen Hilfenetz gefunden haben. Vor zwei Jahren startete das Projekt. Seither hatte das Würzburger EHAP-Team Kontakt zu rund 500 Menschen. „Manche sehen wir ein Mal, manche begleiten wir viele Monate lang“, so EHAP-Mitarbeiter Johannes Kopf.

Auch Marta kommt oft in die EHAP-Zentrale in der Würzburger Wallgasse. Dort erhielt sie inzwischen viele Tipps, wie sie ihre kleine Familie durchbringen kann, solange sie noch keine Arbeit hat. Marta kennt die Bahnhofsmission und die Wärmestube, die Essensausgabe der Erlöserschwestern und die Tafel. „Wir bleiben die zentrale Anlaufstelle für sie“, sagt Thiergärtner. Wobei Marta nicht nur kommt, wenn sie ganz konkrete Fragen hat. Oft will sie einfach nur mal mit jemandem über ihre Sorgen sprechen.

Das EHAP-Team kümmert sich nicht nur um Menschen aus Osteuropa. Zur Zielgruppe gehören auch Deutsche, die auf der Straße leben und nicht wissen, wo es Hilfe gibt. Bei jedem dritten Klienten handelt es sich um einen Einheimischen, der wohnungslos ist oder in Gefahr geriet, seine Wohnung zu verlieren. Willi T. gehört zu dieser Klientengruppe. Der 50-Jährige verließ vor wenigen Wochen Hals über Kopf die Stadt, in der er in den letzten fünf Jahren gelebt hat. Es konnte die Miete nicht mehr zahlen. Den Konflikt mit der Vermieterin scheute er. Deshalb ließ er eines Tages alles stehen und liegen und haute ab.

Wenig später tauchte er in der Kurzzeitübernachtung (KZÜ) der Christophorus-Gesellschaft auf. In dieser Einrichtung sind, ebenso wie in der Bahnhofsmission und der Wärmestube, die EHAP-Kräfte direkt vor Ort aktiv. Willi T. berichtete einem EHAP-Mitarbeiter, dass er nicht wüsste, wohin er sich wenden soll. Er deutete drückende Schulden an. Außerdem scheint es ihm psychisch schon lange nicht mehr gut zu gehen. Düstere Gedanken machen Willi T. immer stärker zu schaffen.

„Wir konnten ihn ins Johann-Weber-Haus der Christophorus-Gesellschaft vermitteln“, berichtet Michael Thiergärtner. In nur zwei Wochen würde ein Platz frei werden. Diese Zeit kann Willi T. in der Kurzzeitübernachtung überbrücken.

Die EHAP-Mitarbeiter warten jedoch nicht nur, bis ein Klient in die EHAP-Zentrale oder eine Einrichtung der Christophorus-Gesellschaft kommt. „Wir gehen auch auf die Straße und suchen die Menschen auf“, berichtet Sozialpädagogin Tamara Licheva. Menschen, die bettelnd auf der Straße sitzen, werden angesprochen, ob sie Hilfe wünschen. Findet das Team irgendwo einen Schlafsack, der offensichtlich einem wohnungslosen Mann gehört, hinterlassen sie leicht verständliche Flyer, die auf Hilfsangebote wie die Kurzzeitübernachtung verweisen.

Allein aufgrund der Sprachbarrieren bedeutet die EHAP-Arbeit eine große Herausforderung. Ein Glücksfall für das Team ist Tamara Licheva, die selbst aus Bulgarien stammt und neben fließendem Deutsch Bulgarisch und Russisch spricht. Die Sprachen Rumänisch, Slowakisch und Tschechisch werden von Ehrenamtlichen abgedeckt.

Günther Purlein

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