Jedem Schuldner kann geholfen werden

Christophorus Gesellschaft unter neuer Leitung

Seit November 2020 leitet Nadia Fiedler als neue Geschäftsführerin die gemeinnützigen Christophorus Gesellschaft. Foto: Stephan Hohnerlein

25.02.2021

Nadia Fiedler ist seit November 2020 die neue hauptamtliche Leiterin der gemeinnützigen Christophorus Gesellschaft, einer von katholischer und evangelischer Kirche und den Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonisches Werk getragenen Einrichtung. Die 51-Jährige arbeitet bereits seit sechs Jahren bei der Christophorus Gesellschaft als Leiterin der Schuldnerberatung und war vorher als freiberufliche Anwältin im Sozialrecht tätig. Zu ihren Aufgaben gehören alle Bereiche der Christophorus Gesellschaft – die Bahnhofsmission, die Wärmestube, das sozialtherapeutische Wohnheim für Männer Johann-Weber-Haus und natürlich auch die Schuldner- und Insolvenzberatung.

Nicht mehr imstande, Lebenshaltung zu finanzieren

Nadia Fiedler weiß, dass gerade die Schuldnerberatung im Augenblick besonders wichtig ist, weil es Menschen gibt, die sich nicht mehr im Stande sehen, ihre Lebenshaltungskosten zu bezahlen.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Der Verlust des Arbeitsplatzes, der Tod des Partners, Krankheit oder wenig Rente. Manchmal ist eine Sucht das Problem, also Spiel-, Drogen- oder Alkoholsucht. Ganz häufig sind es auch Depressionen. All dies wird aktuell noch durch die Pandemie sehr verstärkt.

Einher geht damit häufig auch eine gewisse soziale Isolation, denn wenn man nicht mehr genügend Geld hat und krank ist, zieht man sich von seinen Freunden und der Familie zurück. So fehlen dann die Menschen, die helfen könnten. Dadurch wird die Situation noch schlimmer und man weiß nicht mehr, wie man mit den vielen Problemen umgehen soll. Oft ist es so, dass die Menschen erst zur Schuldnerberatung kommen, wenn es gar nicht mehr geht und sie kurz vor der Obdachlosigkeit stehen.

Die Einnahmen und Ausgaben analysieren

Im Beratungsprozess, der komplett kostenfrei ist, wird gemeinsam geschaut, wie die Einnahmen- und Ausgabensituation ist. Die Menschen scheuen sich oft, die eigene finanzielle Situation einem wildfremden Menschen anzuvertrauen. „Darüber spricht man nicht gerne“, erzählt Nadia Fiedler. Sie und ihr Team können aber auf Augenhöhe mit dem jeweiligen Vermieter Kontakt aufnehmen, ihm die Situation erklären und um Stundung bitten. „Die Vermieter wollen lieber an der Lösung mitarbeiten, als vom Mieter gar nichts zu hören.“ Und manchmal ist es ja die Lösung, in eine kleinere Wohnung umzuziehen, die man sich leisten kann.

Verantwortung der Stadtbau für den Wohnungsmarkt

Die Mieten in Würzburg sind so hoch, dass die Menschen Probleme haben, damit zurecht zu kommen. „Wenn es die Stadtbau mit ihrem Wohnraum nicht gäbe, dann wäre die Mietsituation noch viel schlimmer, weil die Leute müssten sich bei privaten Vermietern mit Wohnungen versorgen, das geht ja häufig gar nicht“, so Nadia Fiedler weiter. „Von daher ist es wohltuend, dass die Stadt jetzt nochmal kräftig investiert in Wohnungen, um den Wohnungsmarkt ein bisschen zu entzerren.“

Auch die Sozialmanagerin der Stadtbau Mona Sieber ist als erste Ansprechpartnerin sehr wichtig. „Da zahlt jemand drei Monate lang die Miete nicht, weil das Konto nicht gedeckt ist und dann stellt sich heraus, dass er schwer erkrankt im Krankenhaus liegt“, erzählt Nadia Fiedler. Und in dieser Situation jemanden zu haben, mit dem man in Kontakt treten kann, ist sehr hilfreich.

Man kann allen helfen, die in Not geraten sind

Man kann allen in Not geratenen Menschen helfen, denn zur Sozialpolitik gehört, dass niemand obdachlos wird. Droht einem Menschen die Räumung, können die Sozialämter oder das Jobcenter die Mietschulden unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen. „Die Angst, morgen auf der Straße zu stehen, braucht man nicht haben‘“, berichtet Nadia Fiedler weiter. Angst muss nur der haben, der gar nichts macht und alles laufen lässt. Lösungsmöglichkeiten gibt es viele, manchmal gibt es auch jemanden im privaten Umfeld, der einem Geld leiht, man kann in Raten zahlen, die ausstehende Nachzahlung vom Lohn kommt. Und wenn gar nichts mehr hilft, kann ein Insolvenzverfahren der richtige Weg sein, um danach wieder durchstarten zu können.

Wichtig ist es, frühzeitig in die Beratung einzusteigen.

Gerade, wenn man erkennt, dass man Hilfe braucht, kann die Schuldnerberatung gegensteuern. „Wir können mit unserem Fachwissen beistehen“, verspricht die Geschäftsführerin. Beim ersten Termin wird geschaut, wie groß die Probleme sind, was die Person selbst machen kann und wo sie Hilfe braucht. Auch sucht man gemeinsam nach Ursachen, warum die Situation so geworden ist – immer nur soweit, wie der Klient es zulässt. „Es hat keiner im eigentlichen Sinne Schuld an den Schulden“, so Nadia Fiedler. Die Situation ist sehr belastend, man wird ständig von Gläubigern und Inkassounternehmen angeschrieben und manchmal steht auch der Gerichtsvollzieher vor der Tür.

Kostenlose Beratung für Schuldner

„Wir beraten kostenlos, egal wie viele Termine nötig sind“, so Nadia Fiedler. „Wir werden finanziert von den beiden Kirchen, der Stadt und dem Landkreis, was uns den nötigen Freiraum verschafft, uns für die Menschen Zeit zu nehmen und mit ihnen zusammen Lösungen zu suchen“. Die Eigenmotivation zu fördern, ist das Ziel. „Denn die Menschen sollen ja ihre Post wieder allein aufmachen und sie sollen wissen, was zu tun ist, wenn sie ein Gläubiger anschreibt oder wenn sie wieder eine Mahnung bekommen“, so Nadia Fiedler. „Es ist für uns sehr wichtig, dass die Menschen wieder selbst auf die Beine kommen und uns nicht mehr brauchen.“

Stadtbau Würzburg

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