Jetzt wird das Buch vollendet

Bahnhofsmission präsentiert beim Christophorus-Tag Kooperation mit der Kulturtafel

Dekanin Edda Weise begrüßt die Kooperation zwischen Bahnhofsmission und Kulturtafel. Bild: Günther Purlein

Vor langer Zeit hatte die Frau einmal begonnen, ein Buch zu schreiben. Das verschwand dann in der Schublade. Bis vor kurzem. Die Frau hatte, dank der Würzburger Kulturtafel, nach langer Zeit wieder einmal ein Theaterstück gesehen. „Das hatte sie dazu inspiriert, das Manuskript hervorzuholen“, schildert Michael Lindner-Jung, Einrichtungsleiter der Bahnhofsmission, wo die Frau häufig zu Besuch ist. Was dank der Kulturtafel alles in Bewegung kommt, ist laut Lindner-Jung „ganz erstaunlich“.

Seit etwas mehr als zwei Jahren gibt es mit der Kulturtafel in Würzburg eine Einrichtung, die es Menschen mit sehr schmaler Börse ermöglicht, ins Theater oder ins Konzert, ins Kabarett, zu einer Ausstellung oder auch zu einer sportlichen Veranstaltung zu gehen. Sogenannte Sozialpartner vermitteln zum Beispiel Empfänger von Hartz IV oder Bezieher kleiner Renten an den gemeinnützigen Kulturtafel-Verein. Die von der Christophorus-Gesellschaft getragene Bahnhofsmission gehörte zu den ersten Sozialpartnern der Kulturtafel. Aus diesem Grund war die Kulturtafel heuer zur Feier des Christophorus-Tags eingeladen, um ihre Kooperation mit der Bahnhofsmission zu präsentieren.

Jedes Jahr Ende Juli gedenkt die Christophorus-Gesellschaft ihres Namenspatrons. Dabei wird stets eine andere Einrichtung aus dem weit verzweigten Hilfenetzwerk der ökumenischen Gesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Heuer stand die Bahnhofsmission im Zentrum. Die wiederum thematisierte, welche große Bedeutung Kultur gerade für Menschen am Rande der Gesellschaft hat.

„Kultur hilft, unsere Besucher aus der Isolation zu holen“, erklärt Lindner-Jung, der an vielen Besuchern der Bahnhofsmission spürt, wie eindrucksvoll, spannend und manchmal auch aufwühlend es für sie ist, einer kulturellen Veranstaltung beizuwohnen. So kam eine Frau aus Südamerika neulich ganz bewegt von einer „Buddenbrooks“-Vorstellung im Stadttheater zurück. „Daraufhin besorgte sie sich den Roman von Thomas Mann, den sie bisher noch nicht auf Deutsch gelesen hatte“, so der Leiter der Bahnhofsmission.

Mit der Bahnhofsmission hat die Kulturtafel einen ganz besonderen Sozialpartner gewonnen. Die Einrichtung am Hauptbahnhof stellt nicht nur Bedürftigkeitsnachweise aus, die Voraussetzung dafür sind, kostenfreie Eintrittskarten vermittelt zu bekommen. Die Bahnhofsmission bietet auch Räume, in denen sich Menschen über das, was sie im Theater oder Kino, im Konzertsaal oder auf dem Sportplatz erlebt haben, mit anderen Besuchern austauschen können. Oft entstehen dadurch tiefgehende Gespräche.

Mehr als 1.000 Menschen aus Würzburg und Umgebung nehmen derzeit das Angebot der Kulturtafel wahr. „Rund zehn Prozent aller unserer Klienten kommen von der Bahnhofsmission“, berichtet Sabine Voll vom Vorstand des Kulturtafel-Vereins. Die meisten Besucher, die in die Bahnhofsmission kommen, wären berechtigt, das Angebot der Kulturtafel in Anspruch zu nehmen, bestätigt Lindner-Jung: „Rund dreiviertel unserer Besucher sind bedürftig.“

Die Bahnhofsmission und die Kulturtafel haben sehr viel gemeinsam, wurde beim Christophorus-Tag deutlich. Beide Organisationen kümmern sich auf eine ganzheitliche Weise um Menschen in prekären Lebenslagen. „Die Bahnhofsmission stellt vor allem die Grundversorgung für bedürftige Männer und Frauen sicher“, so Sabine Voll. Wenn sich die in Not geratenen Menschen stabilisiert haben, wenn sie wissen, wo sie etwas zu essen und wo sie ein Dach über den Kopf bekommen, dann greift das Angebot der Kulturtafel.

Beiden Organisationen ist weiter gemeinsam, dass die jeweilige Arbeit von sehr vielen Ehrenamtlichen geleistet wird. Mit Marion Schäfer-Blake haben beide sogar dieselbe Schirmherrin. Wie Würzburgs Bürgermeisterin am Christophorus-Tag betonte, ist es sehr wichtig, dass gerade Menschen, die kaum Geld haben, am sozialen wie auch am kulturellen Leben in der Stadt teilnehmen können. „Deshalb bin ich bei beiden Organisationen auch sehr gern Schirmherrin“, so Schäfer-Blake.

„Auch ich finde sehr gut, was hier geleistet wird“, betonte Dekanin Edda Weise, die vor Vertretern von Kirchen, Kommunen und sozialen Einrichtungen die Geschichte des Heiligen Christophorus in Erinnerung rief. Der entdeckte erst nach vielen Umwegen, dass es seine Berufung war, Christusträger zu sein. Weise: „Nach seinem Vorbild engagieren sich auch die Mitarbeiter der Christophorus-Gesellschaft dafür, einander und andere zu tragen.“

Günther Purlein

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