Was den anderen bewegt

„Bank der Begegnung“ feiert mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt Premiere

Regina und Detlef Lange, die in Hamburg und Cannes wohnen, tauschen sich mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt über ihre Würzburg-Eindrücke aus. Bild: Förderverein Bahnhofsmission

Als junges Mädchen hatte Regina Lange Würzburg zuletzt besucht. Das ist nun fast 50 Jahre her. Dass Würzburg so schön ist, daran kann sie sich kaum erinnern. „Selbst die Alte Mainbrücke ist mir gar nicht mehr im Gedächtnis“, erzählte die Tagestouristin aus Cannes, die mit ihrem Mann Detlef die Domstadt besichtigte, Oberbürgermeister Christian Schuchardt auf der „Bank der Begegnung“. Dieses jüngste Projekt des Fördervereins Bahnhofsmission feierte am Mittwoch Premiere.

Regina und Detlef Lange schlenderten, von der Innenstadt kommend, über die Alte Mainbrücke, kurz bevor sich der OB auf der „Bank der Begegnung“ niederließ. Sie sahen die Sitzgelegenheit, die allein durch den prägnanten Schriftzug „Bank der Begegnung“ auf sich aufmerksam macht. Erstaunt wandte sich Detlef Lange an Helmut Fries, dem Vorsitzenden des Fördervereins: „Was hat es denn damit auf sich?“ Als der Tourist hörte, dass die Bank fortan in Würzburg an ganz verschiedenen Stellen Begegnungen inspirieren soll, wunderte er sich: „Braucht es denn so etwas? Wir haben doch die Sprache, um miteinander in Kontakt zu kommen!“

Stimmt. Und stimmt doch nicht so ganz. „Die Menschen sind heute anders, sie begegnen sich nicht mehr so wie früher“, beobachtet Tagestouristin Verena Walz. Die 68-Jährige, die in Bad Kissingen lebt, wuchs in einem kleinen Dorf bei Lörrach auf. Früher, erinnert sie sich, war es völlig normal, dass sich die Dorfbewohner zusammensetzten und miteinander sprachen. Auf öffentlichen Bänken. Nach der Kirche. Im Wirtshaus. „Das ist heute nicht mehr üblich“, konstatiert Schwald, „die Menschen sind irgendwie anders geworden.“

Eigentlich schade, dass man sich heute eher aus dem Weg geht und die spontane Begegnung mit unbekannten Menschen meidet. Gibt es doch so viel, worüber zu reden und was gemeinsam zu machen wäre. Wigbert Baumann aus Würzburg, der nach dem Ehepaar Lange neben Schuchardt Platz nahm, berichtete dem OB von seinem Engagement im Trautenauer Heimatkreis. Der hat in der Würzburger Neubaustraße eine Heimatstube, die Einblick gewährt, wie man einst im Riesengebirge lebte. Wie wäre das denn, die Stube zu einem deutsch-tschechischen Begegnungszentrum auszubauen? Für Schuchardt ein interessanter Vorschlag.

Eine richtig tolle Idee ist für den Oberbürgermeister auch die „Bank der Begegnung“. Zwar ist Schuchardt zufolge Würzburg eine äußerst „begegnungsfreudige“ Stadt: „Nach 17 Uhr treffen sich ganz unterschiedliche Menschen beim Schoppen auf der Alten Mainbrücke.“ Dieses lebendige Treiben in der Nähe des Rathauses setzt Touristen immer wieder in Erstaunen. So vital und gleichzeitig friedlich geht es in anderen Städten nicht zu.

Auf dem zweiten Blick allerdings wird deutlich, dass es keineswegs alle Menschen sind, die sich zum Dämmerschoppen auf der Brücke treffen. Ärmere Bürgerinnen und Bürger, die das Hauptklientel der Bahnhofsmission bilden, verirren sich kaum unter die Schoppentrinker. Die „Bank der Begegnung“ wurde am Mittwoch nicht zuletzt mit Blick auf diese Menschen auf Tournee durch den Stadtraum geschickt. Bürgerinnen und Bürger aus allen sozialen Schichten, so die Idee, sollen sich darauf künftig begegnen können. Ohne Konsumzwang. Und ohne Berührungsängste.

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