Sinn im Tun als Allerwichtigstes
Tino L. fand im Ehrenamt endlich ein für ihn durch und durch sinnvolles Einsatzfeld
Mit den anderen Ehrenamtlichen zusammen zu sein und vor allem zusammenzuarbeiten, macht Tino L. (Name geändert) riesigen Spaß. Seit eineinhalb Jahren engagiert sich der 27-Jährige bei einem Rettungsdienst. In gewisser Hinsicht ist das etwas Besonderes: Tino L. lebt im Johann-Weber-Haus der Würzburger Christophorus-Gesellschaft. Dass sich einer der Männer aus dieser sozialtherapeutischen Einrichtung ehrenamtlich engagiert, kommt selten vor.
Tino L. geht es oft nicht besonders gut, doch sich nur im eigenen Leid zu suhlen, das wäre für ihn mehr als kontraproduktiv. Begibt sich der junge Mann am Donnerstagabend zum Treffen der Ehrenamtlichen des Rettungsdienstes oder beteiligt er sich an einem Einsatz, vergisst er für ein paar Stunden, was ihn selbst beschäftigt. Noch immer in den Knochen steckt ihm vor allem eine jüngst überwundene Krankheit: „Im Februar hatte ich mir bei einem Einsatz einen schweren Infekt zugezogen.”
„Im Februar hatte ich mir bei einem Einsatz einen schweren Infekt zugezogen."
Tino L. kam ins Krankenhaus. Wo er sich durch das lange Liegen eine Thrombose zuzog. Das Blutgerinnsel löste sich und wanderte in die Lunge. Tino L. ging es nicht nur körperlich schlecht: „Mich hat es völlig aus meinem Rhythmus gerissen, ich fiel in ein tiefes depressives Loch.“ Alles habe er daraufhin schleifenlassen, erzählt der qualifizierte Ersthelfer, der zum damaligen Zeitpunkt am Projekt „Ambulant Betreutes Wohnen“ der Christophorus-Gesellschaft teilnahm.
Schon zuvor war einiges im Leben des jungen Mannes schiefgelaufen. So hat es bisher noch immer nicht mit einer Ausbildung geklappt. Doch auch daran will Tino L. nicht beständig denken. Geht er mit seiner Einsatzkleidung in die Posthalle, um bei einem Konzert Sanitätsdienst zu leisten, kann er all seine Sorgen für eine Weile beiseitelegen. Dass er endlich wieder ehrenamtlich aktiv ist, nach vier langen Monaten der Depression, darüber ist er unglaublich froh. Zu verdanken hat er das dem Johann-Weber-Haus, wo er Ende September einzog. Die Unterstützung, die er hier fand, stabilisierte ihn so weit, dass er wieder an seine freiwillige Tätigkeit anknüpfen konnte.
„Es ist schon länger her, dass wir davor einen Bewohner hatten, der im Ehrenamt tätig war.”
Ein freiwilliges Engagement kann ein Stück weit fast so etwas wie eine Therapie darstellen. Auf jeden Fall kann sie helfen, sich zu festigen. Das sagt auch Claudia Scheb, Leiterin des Johann-Weber-Hauses. Sie bestätigt weiter, dass Tino L. eine große Ausnahme darstellt: „Es ist schon länger her, dass wir davor einen Bewohner hatten, der im Ehrenamt tätig war.”
Für die meisten Männer aus dem Johann-Weber-Haus ist es schwierig, Termine verbindlich einzuhalten. Das Team des Johann-Weber-Hauses versucht seinerseits alles, um die aus der Bahn geschleuderten Männer wieder an eine Tagesstruktur zu gewöhnen. Die Einrichtung verfügt über eine Holzwerkstatt, in der einige Bewohner arbeiten. Andere engagieren sich im Projekt „Haus & Hof”. Sie helfen mit, die Einrichtung schön und sauber zu halten. „Das beginnt nicht selten mit einer einzigen Arbeitsstunde am Tag”, schildert Claudia Scheb.
„Das beginnt nicht selten mit einer einzigen Arbeitsstunde am Tag.”
Für Tino L. bedeutet sein Ehrenamt sinnvoll genutzte Zeit. Dass so vieles in seinem Leben für ihn keinen Sinn gemacht hatte, das stellte lange ein großes Problem dar: „Deshalb brach ich auch mehrere Ausbildungen ab.” Mit Ausnahme der viermonatigen, depressiven Phase hat er an seinem Ehrenamt im Rettungsdienst jedoch noch nie gezweifelt. Menschen in Not zu helfen, empfindet Tino L. als durch und durch sinnvoll. Sein Ziel ist es denn auch, zunächst Rettungssanitäter und später Notfallsanitäter zu werden und danach hauptberuflichen im Rettungsdienst zu arbeiten.
Um zu erreichen, was er anstrebt, braucht er die Unterstützung vom Jobcenter. Tino L. hat kein Geld, um sich die Ausbildung selbst zu finanzieren: „Die kostet 2.000 Euro.” Über einen Bildungsgutschein möchte er versuchen, nächstes Jahr in die Ausbildung zum Rettungssanitäter einzusteigen. Seine im Ehrenamt gewonnenen Erfahrungen, ist er sich sicher, werden ihm dabei sehr zugutekommen.
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